Lokale Normalform für holomorphe Abbildung zwischen Riemannschen Flächen

Saturday, October 10th, 2009 | Author:

Hier ein sehr einfacher Beweis für eine nette Tatsache:

Theorem: Sei \phi : Y \rightarrow X eine nichtkonstante holomorphe Abbildung zwischen Riemannschen Flächen und y_0 \in Y sowie x_0 := \phi(y_0) gegeben. Dann gibt es Karten p_Y : U \rightarrow \mathbb{C} mit y_0 \in U und p_Y(y_0)=0 sowie p_X : V \rightarrow \mathbb{C} mit x_0\in V und p_X(x_0)=0 und \phi(U) \subseteq V sodass \phi lokal ausgedrückt (p_X \circ \phi \circ p_Y^{-1}) = (z\mapsto z^n) ist. Dieses n \in \mathbb{N} hängt nicht von der Wahl der Karten ab. Man definiert die Ordnung \text{ord}_{y_0}(\phi) := n.

Was ist eine Karte?
Hier empfehle ich den Wikipedia-Artikel "Mannigfaltigkeit" (keine schwere Kost).

Was ist eine Riemannsche Fläche?
Eine komplexe (holomorphe) Mannigfaltigkeit von Dimension 1, also etwas dass lokal aussieht wie die komplexe Ebene \mathbb{C}, mit biholomorphen Kartenwechselhomöomorphismen. Man stelle sich also "Ebenenstücke" vor, die miteinander verklebt sind (in holomorpher Art und Weise, also dass die Verklebung überall lokal mit Hilfe einer Potenzreihe berechnet werden kann). Einfache Beispiele sind die komplexe Ebene selbst, eine Kugeloberfläche und ein Donut.

Was heißt hier holomorph?
Eine Abbildung f:G \rightarrow \mathbb{C}, mit G \subseteq \mathbb{C} offen und zusammenhängend, heißt holomorph, wenn man sie an jedem Punkt z\in G lokal in eine Potenzreihe entwickeln kann. Eine Abbildung \phi : Y \rightarrow X heißt nun holomorph, wenn für jede Karte p_X : V \rightarrow \mathbb{C} von X und jede Karte p_Y : U \rightarrow \mathbb{C} von Y mit \phi(U) \subseteq V die Verknüpfung p_X \circ \phi \circ p_Y^{-1} : p_Y(U) \rightarrow p_X(V) holomorph ist.

Und was ist mit den konstanten Abbildungen?
Ganz einfach: konstante Abbildungen h sehen lokal aus wie die konstante 0-Funktion, also kann man für beliebige n schreiben: h(z) = z^n \tilde{h} z mit einer holomorphen Funktion \tilde{h}. Daraus ergibt sich, dass man die Ordnung einer konstanten Abbildung als \text{ord}_p(h) := \infty definieren sollte.

Was ist nun so nett daran?
Nun, wenn man mit einer Abbildung zwischen Mannigfaltigkeiten arbeitet, ist es oft praktisch, Karten zu wählen und in Koordinaten lokal nachzurechnen. Dieses Theorem sagt einem, dass man für holomorphe Abbildungen \phi zwischen Riemannschen Flächen eben nur die Funktion $z \mapsto z^n$ verstehen muss, um \phi lokal zu verstehen.

Und der Beweis?
Erstmal gibt es ja Karten p'_Y : U \rightarrow \mathbb{C} mit y_0 \in U und p'_Y(y_0)=0 sowie p'_X : V \rightarrow \mathbb{C} mit x_0\in V und p'_X(x_0)=0.
Wieso? Wenn p'_Y(y_0) \neq 0, kann man die Karte um eine Translation -p'_Y(y_0) ergänzen und erhält die Karte p''_Y(y)=p'_Y(y)-p'_Y(y_0) mit p''_Y(y_0)=0; analog natürlich für p'_X. Die Eigenschaft \phi(U) \subseteq V erreicht man dadurch, dass man statt einem beliebigen V einfach V' := V \cap \phi(U) betrachtet. Diese Menge V' enthält auf jeden Fall x_0, denn das ist ja in V und ausserdem \phi(y_0). Da Karten auf offenen Mengen definiert sind, wählen wir dann noch V'', eine Umgebung von x_0 in V'.

Damit haben wir nun also Karten p'_Y und p'_X definiert. Darin lokal ausgedrückt nimmt \phi diese Form an: p'_X \circ \phi \circ {p'_Y}^{-1} : z \mapsto h(z) wobei h eine holomorphe Funktion mit h(0) = p'_X(\phi({p'_Y}^{-1}(0))) = p'_X(\phi(y_0)) = p'_X(x_0) = 0 ist. Eine holomorphe Funktion, die 0 auf 0 abbildet ist eine, deren Reihenentwicklung bei 0 keinen konstanten Term hat. Man kann also auch schreiben: h(z) = z \cdot \tilde{h}(z) wobei \tilde{h} nun wieder eine holomorphe Funktion ist. Man kann nun untersuchen, ob auch \tilde{h} die 0 auf die 0 abbildet und gegebenenfalls noch ein z vorneweg schreiben, usw. Irgendwann ist aber Schluss, es sei denn, h ist die konstante Nullfunktion. Wir nennen nun \tilde{h} die Funktion, die 0 nicht auf 0 abbildet und h(z)=z^n\cdot \tilde{h}(z) erfüllt. Man beachte, dass \tilde{h} auch eine kleine Umgebung der 0 auf eine Menge abbildet, die die 0 nicht enthält. Somit gibt es einen holomorphen Zweig des Logarithmus von \tilde{h}, und somit eine n-te Wurzel, nennen wir sie g. Damit alles passt, verkleinern wir notfalls U und V, damit g auf ganz p_Y'(U) definiert ist. Wir haben bis jetzt \phi lokal geschrieben als z \mapsto (zg(z))^n.

Daraus werden nun die Karten p_Y und p_X gebastelt. Die Abbildung \tilde{g} := z \mapsto zg(z) ist biholomorph in einer Umgebung der 0, also können wir sie in eine Karte mit reinschreiben: p_Y := \tilde{g} \circ p'_Y und p_X := p'_X. In den neuen Karten ist \phi beschrieben durch z \mapsto z^n.

Die Unabhängigkeit von den Karten sieht man leicht: Wenn man zwei verschiedene Paare von Karten mit n_1,n_2 hat, muss auf dem Schnitt (der nichtleer ist, beide enthalten ja y_0 bzw. x_0) bereits n_1 = n_2 gelten.


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